Auszüge aus
Zwischen den Sternen
von Thorsten Wolf




xxx . Prolog


Ich habe mir immer gewünscht, einmal ein Buch zu schreiben. Und mir war immer klar, daß, wenn ich es tun würde, es mit dem Satz beginnen müßte, den ich als einzigen wirklich nie vergessen werde. Jetzt sitze ich also hier, es ist dunkel geworden im District. Ich hab mir ein paar Mais-Biere nebendran gestellt, den es wird einige Dingen geben, die ich nur dann schreiben kann, wenn ich richtig besoffen bin. Ich weiß nicht,ob jemals jemand dieses Buch lesen wird, ob es jemals jemand lesen wollen wird, nimmt es uns, die wir noch hier auf der Erde leben doch die einzige Ilusion, die wir noch habe - Mensch zu sein. Ups- jetzt muß ich aufpassen, sonst fang ich mit dem Ende der Geschichte an und nicht mit dem Anfang. Also .... laßt Melville sprechen ..... nennt mich Ismael.


1. Kapitel (eigentlich immer noch ein wenig Prolog)


Wenn ich alles Revue passieren lasse, dann beginnt die Geschichte, die ich erzählen will eigentlich nicht mit dem Anfang des Ganzen, sondern eher in der Mitte. Aber damit Sie alles verstehen, beginne ich im Jahr 2001 - Stanley Kubrick würde sich freuen, glaube ich. In diesem Jahr geschah so richtig große Scheiße in einem Labor der US-Army, drüben in Wyoming, glaube ich. Irgendend eine wilde Mutation eines Virus machte sich aus dem Staub und radierte in immer größer werdenden Kreisen die Bevölkerung aus. Was im einzelnen passiert ist, weiß ich nicht genau, ich war damals noch ein Kind, und Sie wissen ja, je öfter eine Geschichte erzählt wird, umso größer wird sie. Es muß aber ziemlich schrecklich gewesen sein, wenn ich mal so ganz einfach Größe der Geschichte durch Anzahl der vergangenen Jahre teile. Also, es war schrecklich, ich glaube darauf können wir uns einigen. Glück im Unglück war, daß damals die Kolonisierung des Mondes schon ein paar Jahre alt war. Als die Regierungen erkannten, daß es hier auf der Erde nichts mehr zu gewinnen gab, sortierte man einfach kräftig aus, und verfrachtete tausende Gesunde in Notunterkünfte auf die weiße Scheibe (so nennen wir heute den Mond). Ab einem Punkt "x", ich nenne ihn immer den Arschloch- Punkt, kappte man quasi die Taue zwischen Erde und Mond, und überließ den größeren Teil von beidem dem Tod. Ich weiß ja nicht was Sie vom Tode wissen, in meiner Familie wissen wir eine ganze Menge darüber. Vor allem weis man eines: Tod ist man erst wenn man tot ist, und keine Sekunde früher. Mein Vater war einer von denen, die nicht das Glück hatten, auf den Monde zu gelangen. Er hatte damals schon die Seuche, war also schon praktisch tot. Aber er hat es geschafft, genauso wie noch einige tausend anderre an hundert Flecken auf der Erde. Warum die einen starben und die anderen nicht, konnte nie so richtig geklärt werden. Aber mein Vater jedenfalls gehörte zu den Glücklichen im Unglück. Und als alle die tot sein sollte, tot waren und alle die leben sollten, sich mit dm Gedanken auf weitere Jahre auf der Erde abggefunden hatten, begann man sich zu sammeln. Und man began sich wieder zu organisieren. Und es war so, wie es immer ist, wenn sich Menschen treffen, es wird gelacht, gevögelt, geschossen, es wird debatiert, organisiert, noch ein bischen gevögelt, noch ein bischen geschossen und fertig ist die Gesellschaft. Zehn Jahre nachdem die Menschen auf der Erde zu ihrem Erschrecken erkennen mußten, daß sie nicht gestorben waren, hatten sie sich eine neue Welt geschaffen, Inseln einer quasi- Zivilisation, die sich wie Teile eines Flickenteppichs über die Kontinente verteilten. Mal waren die Districte - so nennen wir hier diese Siedlungsgebiete - größer, mal waren sie kleiner, in einigen wurde noch gevögelt, in anderen schlief man schon miteinander. Und so blieb es auch. Ein paar Jahre nachdem wir uns hier zusammengerauft hatten, tauchte plötzlich aus den Sternen ein kleines Schif auf, dann noch eines und noch eines. Und heraus aus diesen Schiffen kamen wohlgenährte kleine Mond -Menschen, die, natürlich bestens geschützt in kleinen Mond- Raumanzügen, begannen, durch die Lande zu stapfen, und mehr als erstaunt waren, nicht Berge von Skeletten vorzufinden, sondern Menschen, die lachten, schossen, debbatierten, vögelten (oder mancherorts miteinander schliefen) und so recht und schlecht organisiert waren. Man, daß muß wirklich eine riesen Überraschung gewesen sein. Die "Mondtouristen" sprangen dann auch flux wieder in ihre Raumschiffe, flogen heim zu Mama und Papa und erzählten die Geschichte von den verloreren Brüdern und Schwestern. Was in den folgenden zwei Jahren passierte, war für mich und 'ne Menge anderer schlimmer als die Seuche. Irgendein getriebener Senator der neuen Erde (so nannten sie sich) kam auf den glorreichen Gedanken, mit einer "bringt die Armen zurück in den Schoß der Heimat"-Kampagne seine wohl schlechten Wahlchancen zu steigern. Gewählt wurde er nicht, so weit ich weiß, aber alle kramten in ihren Ahnenakten und fanden den einen oder anderen, von dem sie hofften er könne noch leben. Den wollten sie dann "heim" holen. Es war wohl schick in dieser Zeit, einen hier unten zu haben, den man dann raufholen konnte, um ihm beim Sonntagstee seinen Freunden zu präsentieren. Naja, nach mir hat zum Glück keiner gefragt. Moment mal .... es klopft an der Tür.... bin gleich wieder da ............................... .................................so, da bin ich wieder. Jemand hat mir gerade eine Nachricht gebracht, eine auf die ich hätte verzichten können. Aber jetzt ist die Geschichte zu Ende, und das ist gut so, aber das alles ein wenig später. Übrigens, hatte ich eigentlich erwähnt, wer ich bin ? Ich glaube nicht. Also, Ismael heiße ich nicht. Mein werter Vater entschloß sich für den Namen Samuel, zusammen mit seinem Nachnamen gab das dann Samuel Tscherker. Und dieser Samuel Tscherker ist nun seit 17 Jahren s tellvetretender Regulator des kleinen, überschaubaren und friedlichen Districts New New York. Freidlich deswegen, weil es uns, die Regulatoren, gab. Ich bin quasi eine Art Wahl-Polizist. Wahrscheinlich werden Sie sich fragen, woher ich das alles weiß, was ich ihnen erzählen will. Naja, als Regulator, auch wenn man nur der Stellvertreter ist, hat man so seine Quellen. Allein die Umstände der Geschichte an sich waren schon so seltsam, daß es genug Leute gab, die sich die Mäuler zerrissen. Und wo Mäuler zerrissen werden, das wird viel erzählt. Und wenn viel erzählt wird, dann schreibt vieleicht auch einer mit. Und das bin eben ich. Ich habe lange darüber gegrübelt, wie ich Ihnen die Geschichte erzählen soll. Ich bin ja schließlich kein Schreiberling, sonder ein Mann der Gesetztes. Also habe ich in den wenigen alten Büchern geblättert, und hab' mir ein paar Tips geholt. Ich hoffe, es wird ihnen gefallen. So, jetzt geht es aber wirklich los.


2. Kapitel


Marken Bent, District-Regulator und damit höchster Gesetzeshüter in "New New York" trat durch die Tür seines Büros hinaus ins Freie. Er hatte die Nachtwache im District gehabt. Es waren ruhige 12 Stunden gewesen. Das gab ihm die Möglichkeit, seinen liebsten Moment des Tages in vollen Zügen zu genießen, den Moment, in dem die Sonne über den Horizont glitt und Stück für Stück den District, seinen Distict, mit Licht füllte. Nach einer solchen Nachtschicht schien es ihm in diesem Moment, als hätte er die letzten Stunden außerhalb der Realität verbracht und erst mit den Sonnenstrahlen würde diese wieder zurückkehren. Das Gebäude der Regulatoren-Behörde des Districts lag etwas außerhalb der Hauptsiedlung auf einer Anhöhe. Von dort aus hatte man einen prächtigen Blick auf die Häuser und Gärten der Bewohner. Bent liebte dieses Panorama. Er liebte diesen Moment der Einsamkeit, wenn noch keiner seiner Mitarbeiter zum Dienst gekommen war und er die Welt ganz für sich hatte. Und er liebte diesen Moment, weil er gerade da Zeit hatte, über wichtige Dinge nachzudenken. Und eine wichtige Entscheidung stand an, möglicherweise die wichtigste, seit er sein Amt übernommen hatte. Er hatte eine Nachricht von der Mond-Welt bekommen, eine Nachricht seiner Halbschwester, von der er nicht einmal gewußt hatte, daß es sie gab. Er hatte geglaubt, seine Mutter sei bei der großen Katastrophe ums Leben gekommen. Er hatte damals keinen großen Kontakt mehr zu ihr gehabt, seine Eltern hatten sich scheiden lassen. Nun hatte er feststellen müssen, daß seine Mutter doch den Weg zum Mond geschafft und dort eine neue Familie gegründet hatte. Und das er eine Halbschwester hatte, eine Halbschwester, die seine Hilfe scheinbar dringend nötig hatte. Bent war zwiegespalten. Auf der einen Seite liebte er New New York so sehr, daß ihm der Gedanke, es auch nur für eine kurze Zeit zu verlassen, fast schon körperliche Übelkeit verursachte. Auf der anderen Seite, und das zuzugegeben fiel ihm besonders schwer, sehnte er sich danach, einen Teil seiner Familie wiederzufinden. Auch wenn es ein für ihn völlig unbekannter Teil war. Doch egal wie er seine Entscheidung auch treffen würde, er würde sie nicht alleine treffen können. Er war Regulator, ein Mann mit Verantwortung. Er konnte nicht so einfach mir nichts dir nichts für eine Zeit verschwinden und den District sich selbst überlassen. Er würde mit dem Rat sprechen müssen, und mit Samuel, seinem Stellvertreter. Bent saugte ein letztes Mal die frische Morgenluft in sich ein. Die Sonne hatte die Nacht verdrängt, und von der Siedlung drangen die ersten Anzeichen von menschlicher Regung hinauf zu ihm. In Kürze würden die Deputies ihren Dienst antreten. Bent ließ seinen Blick noch einmal über das Land wandern und ging zurück in das Büro.


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