xxx | . | Alexander McCluster war die Buchstäblichkeit gutbürgerlichen Mittelmaßes. Versorgt mit einem durchweg unauffälligen Universitätsabschluß einer nicht minder unauffälligen Universität des an sich schon unauffälligen Mittelwestens der USA, war es ihm gelungen, in einer kleinen Bank seines Heimatortes den Posten eins Executive Assitants im mittleren Management zu erklimmen. Auch Ellen McCluster, geborene White, und Alexanders treusorgende Ehehfrau, glänzte eher durch konstante Präsenz denn durch aufregende Auffälligkeit. Beglückt durch ein Kind im Alter von 3 Jahren spiegelten die McClusters den A-Typus des amerikanischen A-Typus wieder. Bis zu einem denkwürdigen Tag, als ein Gerücht McClusters durchschnittlich geformte Ohren erreichte, ein Gerücht von solch unabsehbaren Ausmaßes, daß es ihm schlagartig seine gutabgehangene Mittelmäßigkeit in brillanter Farbqualität vor Augen führte. So verlockend war der Inhalt des Gerüchtes, so unwiderstehlich, daß es nicht lange dauerte, bis es unabänderlich die Plaudereien der Bankangestellten vor, während und nach der Arbbeit dominierte. Und je länger das Gerücht kursierte, umso deutlicher formte sich vor McClusters Augen ein Bild dessen, was sich seit geraumer Zeit in der sonst so verschlafenen Kleinstadt zutrug. Schenkte der geneigte Austräger menschlicher Tratschsucht dem Glauben, was er so innig an andere weiterzugeben suchte, so traf sich ein ausgewählter Kreis von männlichen Einwohnern im 14tägigen Rythums an einem unbekannten Ort. Nur Männer, wohlgemerkt. Und bei diesen Zusammenkünften fröhnte man solcherlei Spielen der verschiedensten Art, das es manchem der Gerüchtekocher nicht erspart blieb, an der einen oder anderen Stellen mit hochrotem Kopf den Blick verschämt zu senken. Von Frauen war die Rede, die ihren Körper verschenkten. Von Orgien und Gelagen. Und davon, daß es genau dieser Kreis war, der die Geschicke der Stadt seit längerem lenkte. War nicht Samuell Pointner eines Morgens Schlag auf Schlag befördert worden, eine Beförderung, die kaum mit seiner Leistung korrespondierte ? Und war es nicht der Tag nach einer dieser ominösen Zusammenkünfte gewesen, an dem eben dies geschah ?. Mit jedem Tag reihten sich weitere Veränderungen in der Gesellschaft der Stadt an, die mit diesen Zusammenkünften in Verbindung gebracht wurden. Und mit jedem Tag, der ins Land zog, hofften all die, die noch nicht zu einer Zusammenkunft berufen worden waren, umso mehr es zu werden. Und Alexander McCluster war nicht der bescheidenste. Schon lange hatte er mit dem Gedanken gespielt, sich für einen Aufstieg zu bewerben, doch nächtens hatte er immer an sich und seiner Berufung gezweifelt, so lange, bis ihm sein jetztiger Posten wie eine Oase erschien. Doch vieleicht waren es diese Zusammenkünfte, die McClusters Aufstieg ermöglichen sollten. Doch nichts geschah, niemand sprach ihn an, niemand lud ihn heimlich ein. Und so gewann er den Eindruck, daß auch diesmal der Kelch der Bedeutsamkeit an ihm vorrüberzog. Bis zu einem Morgen im Juni. Timothy Rogers, ein Freund, war gestorben. McCluster war mehr als betrübt. Er und Rogres hatten lange Zeit ein Büro geteilt. Keiner wußte genau, wie es passiert war, aber es hieß, es ein ein Unfall gewesen. Dies führte McCluster die eigenen Sterblichkeit vor Augen. Ellen McCluster hatte, Plüschpantoffelbewaffnet, Alexander das Frühstück gebracht. Er selbst studierte in düsterer Stimmung am Küchentisch die Zeitung. In einem Anfall ehelicher Sorgsamkeit entschloß Ellen sich, die Post zu holen. In wenigen Minuten zurückgekehrt, wurde der routinemäßige Stapel von Rechnungen durch einen überbreiten, tiefroten Umschlag überragt. Bei seinem Anblick wagte Alexander McCluster kaum zu atmen. Mit einer schnellen Bewegung wand er sich aus dem Küchenstuhl, entführte die Post samt dem roten Umschlag aus den Händen seiner Frau. "Ich mach die Rechnungen heute im Büro". McCluster hauchte seiner Frau einen Kuß auf die Wange, griff nach seinem karierten Jacket und verließ unter den irritierten Blicken Ellens das Haus. Im Wagen sitzend warf er den Stapel Post auf die hintere Sitzbank - bis auf den roten Umschlag. Den legte er vorsichtig auf den Beifahrersitz. Er startete den Motor. Doch Alexancer McCluster hatte nicht im mindesten vor, direkt zur Bank zu fahren. Auf halbem Weg gog er auf einen Parkplatz ein. Er stoppte kurz und entschloß sich dann für eine Stelle in der letzten Reihe, nicht von der Straße aus einsehbar. Nachdem er den Motor abgestellt hatte, holte er aus dem Handschuhfach eine Schachtel Zigaretten, "für den besonderen Moment". Seine Hände zitterten. Nach dem ersten Zug und mit der Zigarette im Mund griff er nach dem Umschlag. Kurz hielt er ihn wiegend in der Hand, dann drehte er ihn um und öffnete ihn langsam. Er zog eine gold- und rot umrandete Einladungskarte heraus. Auf der Karte prankte in großen Lettern das Wort "Einladung" Darunter sein Name sowie Ort und Zeit der Zusammenkunft - sonst nichts. McCluster war ein wenig enttäuscht. Er wußte natürlich, daß es sich bei dieser Einladung um DIE Einladung handelte, den Zutritt zu jenem sagenumwobenen Club. Doch alles wirkte mit einem Mal so undramatisch. Aber als Alexander die Karte herumdrehte, da stockte ihm ein wenig das Herz. Dort stand in breiter Frakturschrift "Spieleabend für Herren - Keine weibliche Begleitung erlaubt" Alexander McCluster bekam einen trockenen Mund. So zweideutig der Begriff "Spieleabend", so eindeutig war der Hinweis auf den Verzicht einer legalen weiblichen Begleitung. Alexander war fasziniert. *** Der Abend der Abende war gekommen. Alexander McCluster konnte aufatmen. Ellen hatte sich zu ihrem Bridge-Club aufgemacht, der alle 2 Wochen ihre Tage erhellte. So hatte er Zeit, sich auf die wichtigste Einladung in seinem Leben vorzubereiten. Nach einer Stunde hatte er die richtige Kleidung, den richtigen Duft und die richtige Einstellung gefunden. Seinen Wagen ließ er stehen. Statt dessen nahm er eine Taxi, genau wie er es seiner Frau versprochen hatte, die im festen Glauben lebte, er würde den Abend bei der Verabschiedungsfeier seines Kollegen verbringen. Kurz nach acht rollte das Taxi vor das Haus. McCluster warf einen letzten Blick in den Spiegel, stellte keinen gravierenden Mangel fest, schloß die Tür hinter sich und stieg in das Taxi. Er nannte dem Fahrer die Adresse. Mit einem leichten Pfiff ließ dieser den Motor an. "Herrenabend, oder ?" Der Fahrer mußterte McCluster kurz im Rückspiegel. Der war nur kurz überrascht. Waren nicht die Taxifahrer die bestinformierten Menschen auf diesem Planeten. Doch er verkniff sich eine Bestätigung. Stattdessen starrte er die ganze Fahrt über aus dem Fenster. Die Adresse selbst hatte ihm nicht viel gesagt, aber als das Taxi den Weg raus in den Industrievorort nahm, war er nicht wenig überrascht. Zuguterletzt blieb der Wagen vor einer riesigen Lagerhalle stehen, die auf McCluster einen überaus verlassenen Eindruck machte. Der Taxifahrer deutete unbestimmt in die Richtung der Halle. "Also das ist die Adresse, die Sie mir genannt haben. Wollen Sie wirklich hier aussteigen ?" Alexander McCluster zögerte. Der Einwand des Fahrers schien berechtigt. Doch was hatte er selbst erwartet ? Das dieses Treffen öffentlich in einem Konferenzhotel abgehalten werden würde. Noch dazu, wo die Stadt so etwas gar nicht hatte. McCluster drückte dem Fahrer Dollars in die Hand und stieg aus dem Auto. Das Taxi wartete noch einen Moment, dann gab der Fahrer Gas. McCluster stand im Dämmerlicht weniger Straßenleuchten, die krampfhaft versuchten, die Nacht zu vertreiben. Doch dann hörte er es. Ganz leise im Hintergrund der Dunkelheit konnte er Stimmen vernehmen. Stimmen, die sich angeregt zu unterhalten schienen. McCluster folgte den Stimmen und umrundete die Halle bis zu ihrer Längsseite. Dort drang warmes Licht aus einer kleinen, nur angelehnten Tür. Innerlich richtete sich Alexander McCluster auf und schritt so energisch, wie es ihm möglich war, auf die Tür zu. Kaum zwei Meter davon entfernt, löste sich ein Umriß aus dem Schatten links von der Tür. "Sir?" Die Stimme war höflich aber bestimmt. Als das Licht aus dem Türspalt auf die Gestalt fiel, konnte er einen stattlichen, jungen Mann um die 30 erkennen, der eine Art von Uniform trug. "Kann ich Ihnen helfen ?" Alexander McCluster hielt den Moment für gekommen, die Einladungskarte aus seiner Tasche zu ziehen. "Ich bin eingeladen, unter dieser Adresse." Seine Stimme klang nicht halb so standhaft, wie er es sich gewünscht hatte. Der Wachmann trat einen Schritt näher und warf einen Blick auf die Karte. Mit einer schnellen Handbewegung zog er eine UV-Leuchte vom Gürtel und bestrahlte das Papier. Kurz wurde eine deutliche Prägung in Schlangenform auf der Karte deutlich. Das Gesicht des Wachmanns nahm einen freundlichen Ausdruck an. "Willkommen Mr. McCluster, Sie werden schon erwartet." Der Wächter trat zurück und öffnete die Tür. Helles und freundliches Licht umflutet McCluster als er eintrat. Es war so hell, daß er kaum etwas erkennen konnte. Langsam wurde das Licht abgeblendet und McCluster sah, daß er sich in einem durchweg luxöriös eingerichteten Empfangsraum befand. Die Tür hatte sich hinter ihm geschlossen. Aus einem Alkoven trat eine wunderschöne, mit einem schwarzen Minikostüm bekleidete Frau auf ihn zu. "Mr Alexander McCluster, ich darf sie herzlich bei diesem Empfang begrüßen. Bitte geben sie mir ihr Jacket, wir pflegen hier ein eher legeres Auftreten." McClusters Hals wurde trocken. Frauen wie diese sah er gewöhnlich nur im Fernsehen. Nun konnte er verstehen, warum man auf die Begleitung durch Ehefrauen verzichten mußte. Nachdem er sein Jacket abgegeben hatte, geleitete ihn die junge Frau -"Nennen Sie mich einfach Jasmin, Mr. McCluster"- durch eine weitere Tür, hinein in die Haupthalle. War McClusters Hals beim Anblick von Jasmin schon trocken geworden, so wurde der Bereich zwischen Kopf und Brust nun zu einer einzigen Salzwüste. Überall in der Halle waren Sitzgruppen verteilt, die sich an tiefe Tische schmiegten. Über jeder der Tischgruppen hing eine kleine Leuchte, die gerade mal den Tisch ausreichend beleuchtetet. Schemenhaft konnte McCluster Männer erkennen, die es sich in den Sitzgruppen sichtlich gemütlich gemacht hatten. Doch was McClusters Hals zum verdorren brachte, was das, was sich auf den Tischen abspielte. Dort lagen, vollkommen nackt, Mädchen mit gespreizten Beinen auf dem Rücken. Sie hatten die Füße bis zum Po angezogen. Zischen Beinen konnte McCluster eine Ansammlung von Flaschen verschiedensten Inhalts erkennen, aus denen sich die Gäste hin und wieder etwas in ihr Glas nachfüllten. Auf dem Bauch der Mädchen lag ein Tablett, auf dem sich noch unbenutzte Gläser befanden. McCluster ließ seinen Blick duch die Halle wandern. "Mr. McCluster, schön Sie zu sehen." Unbemerkt hatte sich eine junge Dame neben ihn gesellt. "es ist wunderbar, daß Sie es geschafft haben, die Einladung anzunehmen. Mein Name ist Carla." Wenn das Mädchen am Empfang eine Schönheit gewesen war, so war diese Frau für McCluster eine Göttin. Ebenfalls mit einem schwarzen Minikostüm bekleidet, schenkte sie ihm ein Lächeln, das ihn direkt unterhalb des Bauchnabels traf. "Darf ich Sie zu ihrem Tisch begleiten ?" McCluster nickte. Die junge Frau hängte sich an ihm unter und führte ihn in den hinteren Bereich der Halle. Auf dem Weg konnte er viele bekannte Gesichter erkennen. Da war Herbert, der ein Stockwerk unter ihm die Kreditangelegenheiten bearbeitete. Und zwei Tische weiter saß Matt Bowers, der Leiter des Drugstores in der Innenstadt. Alle die ihn kannten, hoben bei seinem Anblick die Hand und grüßten ihn herzlich. Carla führte ihn fast bis zum Ende der Halle. Dort war an einem Tisch noch ein Platz frei. "Hier ist er, meine Herren, unsere neue Errunngenschaft." Carla löste sich mit einem Lächeln von McCluster. "So Mr. McCluster, ich hoffe, Sie werden den Abend genießen. Vieleicht sehen wir uns nachher ja noch einmal." Wieder schenkte Carla ihm ein Lächeln, und nun diesmal führte es bei McCluster zu einer deutlichen Reaktion unterhalb der Gürtellinie. Carla drehte sich um und verschwand zwischen den Tischen. McCluster stand etwas verschüchtert vor der Sitzgruppe und versuchte krampfhaft, nicht auf das Mädchen auf dem Tisch zu starren. "Setzen Sie sich Alex." Ein grauhaariger Mann rückte ein wenig beiseite und bedeutete Alexander, sich neben ihn zu setzen. "Willkommen im Club." McCluster setzte sich. "Nehmen Sie sich einen Drink. Übrigens, mein Name ist Sam Watermann." Der Name ließ McCluster aufhorchen. Die Watermanns bewohnten eine der wenigen Villen der Stadt, oben am View Drive. Die Familie war seit Generationen ihm Stahlhandel und hatte es zu beträchtlichem Reichtum gebracht. McCluster nahm ein Glas vom Tablett. Als er nach einer Flasche Scotch griff, streifte er leicht die Innenseite des Oberschenkels des jungen Mädchens. Die gab einen Ton starker Erregung von sich. Die Männer am Tich lachten. "Er ist ein richtiger Draufgänger, unser Alex", Watermann schlug ihm freundschaftlich mit der Hand auf den Oberschenkel. Alexander bekam einen roten Kopf. "Aber nicht so stürmisch, Alex, nur wer das letzte Glas lehrt, darf spielen." McCluster blickte Watermann fragend an. "Spielen ?" Die Männer am Tische feixten. "Ganz einfach, Alex, wir trinken hier reihum, Glas für Glas, Flasche für Flasche. Und wer das letzte Glas aus der letzen Flasche trinkt, dem gehört für den Rest der Nacht unsere Dekoration." Watermann deutete auf das Mädchen. "Sofern er noch etwas mit ihr Anfangen kann." Die Männer am Tisch lachten laut auf. McCluster begann, sich in diesem Kreis wohlzufühlen. Obwohl er eigentlich niemanden kannte, wurde er freundschaftlich aufgenommen. Die Gespräche an diesem Abend kreisten um die Stadt, die Entwicklung, die Politik. McCluster lehnte sich in seinem Sessel zurück und verfolgte die Diskussionen. Er fühlte sich wie in einem Englischen Club, zumindest nach den Vorstellungen, die er von diesem hatte. "Wie werden die Kurse ansteigen, Alexander ?" Die Frage drang langsam zu McCluster Gehirn durch. "Bitte, was hatten Sie gefragt ?" Der Mann, der die Frage gestellt hatte, blickte vieldeutig in die Runde. "Ich fragte, wie sich die Kurse entwickeln werden." McCluster dachte kurz nach. "Ich glaube, wenn ich das wüßte, wurde ich in New York leben." Die Männer am Tisch begannen zu lachen. Doch nicht etwa abwertend, sondern eher wie über einen guten Witz. "Sehr gut, Alex, ein Schwätzer sind Sie zumindest nicht." Der Abend verstrich und die Flaschen lehrten sich mehr und mehr. Alexander McCluster gab sich schon den Gedanken hin, ob er der jenige sein würde, der das letzte Glas trinken würde, als ein heller Glockenton die Gespräche an den Tischen unterbrach. Carla hatte sich mit einem Mikrofon in die Mitte der Halle gestellt. "Meine Herren, es ist Zeit für eine Polonaise." Watermann und die anderen begannen begeistert zu klatschen. "Sie ist schon eine wunderbare Gastgeberin, weiß immer, was wir wollen." Watermann konnte seine Freude nicht verbergen. Gastgeberin ? Mit einem Mal wurde McCluster klar, daß er eigentlich gar nicht wußte, wem er diesen Abend zu verdanken hatte. Als alle von den Tischen aufstanden, nahm er Watermann bei Seite. "Sagen Sie, wer organisiert das Ganze hier eigentlich?" Watermann blickte ihn irritiert an. "Soll ich es ihnen wirklich sagen?" McCluster nickte. Watermann begann zu grinsen. "Ich weiß es nicht, keiner hier weiß es. Aber ist das wichtig ?" Mit diesen Worten ließ er McCluster stehen und ging zu Mitte der Halle, wo die Männer begonnen hatten, sich hintereinander zu stellen und die Arme auf die Schultern des Vordermanns zu legen. McCluster folgte Watermann. Eine Polonaise. Alexander war etwas überrascht. Mit einem solchen Spiel hatte er nicht gerechnet. Plötzlich begannen die Männer rhytmisch mit den Füßen zu stampfen. Aus dem hinteren Teil der Schlange, dem sich auch McCluster anschließen wollte, begannen die Männer plötzlich zu skandieren: "Wer ist die Lokomotive, wer ist die Lokomotive". Carla hob noch einmal das Mikrofon. "Unsere heutige Lokomotive ist Mr. Alexander McCluster." Watermann, der vor McCluster stand, drehte sich um und begann zu grinsen. "Na dann, Alex, gebe sie mal ordentlich Dampf." Carla war auf McCluster zugegangen und nahm ihn am Arm. "Kommen Sie, Alexander, Ihr Platz ist am Anfang der Schlange." Unter dem Beifall der Gäste führte Carla ihn zur Spitze der Polonaise. Dort legte ihm der zweite Mann die Hände auf die Schultern. McCluster ließ seinen Blick durch die Halle wandern. Schließlich mußte er wohl die ganze Schlange durch sie hindurch ziehen. Das entdeckte er etwas, was ihm eigentlich schon lange hätte auffallen müssen. Die hintere Seite der Halle war, gerade dort, wo er gesessen hatte, in der oberen Hälfte eine einzige Spiegelwand. Dort waren nun Lichter angegangen, die, durch die Spiegelwand reflektiert, die Halle in eine hektisches Licht tauchten. Carla hob erneut das Mikrofon. "Meine Herren, Polonaise." McCluster wollte gerade anfangen loszugegehen, als er einen leichten Druck auf seinen Schulterblättern verspürte. Die Männer hinter ihm begannen, ihn nach vorn zu schieben. McCluster drehte sich ein wenig und konnte so die Richtung ändern. Die Polonaise begann sich in Richtung Seitenwand zu bewegen. "Sie machen die Richtung, wir machen die Geschwindigkeit." Die Stimme seines Hintermannes drang an McClusters Ohr. Jetzt hatte er verstanden. Kurz vor der Wand drehte er sich nach Rechts. McCluster begann Spaß an dem Spiel zu finden. Mit einem schnellen Bogen führte er die Polonaise weg von der Wand, zurück in Richtung Hallenmitte. Dort wendete er sich nach links und umrundete in Slalomkurven die Tische. Die Männer hinter ihm jauchtzten vor Vergnügen und auch McCluster begann zu lachen. Kaum merklich steigerte sich die Geschwindigkeit. McCluster drehte vor der Stirnwand nach rechts ab, streifte dabei aber mit dem Oberschenkel eine Tischkannte. Der Schmerz leuchtet bis in sein Kleinhirn hinein. "Verdammt !" McCluster wollte anhalten, doch der Druck auf seinen Schultern verstärkte sich. Angetrieben von der Kraft der Männer gelang es ihm gerade noch, einen weiteren Zusammenstoß mit einer Sitzgruppe zu vermeiden. Nun wurde die Geschwindigkeit, mit der McCluster nach vorne geschoben wurde, immer größer. Sitzgruppe um Sitzgruppe flog an ihm vorbei und mit aller Gewandheit versuchte er, den Hindernissen auszuweichen. Bis er durch den Druck das Gleichgewicht verlor und Kopfüber zwischen den Beinen eines der Mädchen auf den Tischen landete. Eigentlich war McClusters Tod eher Pech. Statt weich im Schoß des Mädchens zu landen, bohrte sich ein Flaschenhals in seinen Kehlkopf. Die Männer lösten die Polonaise auf und versammlten sich schweigen um den Tisch. Das Mädchen blieb regungslos und leicht stöhnend liegen. Watermann bahnte sich seinen Weg durch die Menge. An der Sitzgruppe blieb er stehen. Carla hatte ihr Mikrofon weggelegt und stellte sich neben Watermann. "Schade eigentlich, es wurde gerade lustig. Ich dachte er hält länger durch." Watermann seufzte. "Aber er war wohl nicht geschickt genug." Carla nickte. "Ich werde dem Mädchen noch etwas spritzen, dann wird sie davon nichts mitkriegen." Watermann nickte. " Und, Carla, machen sie den Rest wie bei Rogers" *** Ellen McCluster hatte es geahnt. Warum sollte es ihrem Mann hier besser ergehen als im wirklichen Leben. Er war eben ein Versager gewesen. Maria Steuben, ihre langjährige Bridgepartnerin legte mitfühlend ihren Arm um sie. "Er war eben ein Nichts, das war er immer." Ellen nickte. Mit eine Handbewegung legte sie den Schalter um, der die Lichter vor der großen, venezianischen Spiegelwand zum Erlöschen brachte. "Sie sind alle nur Tiere." Ellen schüttelte den Kopf. "Maria, sag Carla bitte, Sie möchte den Abend beenden. Wir sehen uns in 14 Tagen wieder hier." Die Mitglieder des Bridgeclubs nickten. |
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